Leistungsschutzrecht der Verleger

 

In der NZZ Nr. 51 vom 2. März 2013 informiert Matthias Benz, dass der deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedet hat, mit dem die Erzeugnisse von Presseverlagen im Internet besser geschützt werden sollen und Rainer Stadler stellt fest, dass dies auch die Vertreter der Schweizer Presse freuen wird, weil diese ja das gleiche Ziel verfolgen. Rainer Stadler bezeichnet ein solche Regelung als Gesetz gegen Gespenster und scheint einer der ganz wenigen Journalisten in der Schweizer Medienlandschaft zu sein, der die Pläne der Schweizer Printverleger mit der nötigen Distanz und Skepsis beurteilt. Seine frühere Aussage, dass der Journalismus intelligentere Interessenvertreter verdienen würde, ist berechtigt. Gleichzeitig vermisse ich aber eine Aussage zu den Versäumnissen der Printverleger.

 

Das Internet hat die Informationsbeschaffung, den Informationskonsum und die Informationspräsentation unserer Gesellschaft nachhaltig verändert. Das Internet in Verbindung mit mobilen Endgeräten hat die zeit- und ortsunabhängige individuelle Informationsvermittlung ermöglicht. Es entstehen neue Bindungsformen zwischen Redaktion, Verlag und Leser. John Naisbitt's Prophezeihung aus dem Jahre 1982 hat sich bewahrheitet: "Editors won't tell us what to read, we will tell editors what we chose to read."

 

Google hat die kontextsensitive Werbung erfunden. Dabei werden Werbebotschaften dyna-misch aufgrund von Standort, Informationskonsum und Interessen des Lesers geschaltet. Damit hat Google innerhalb weniger Jahre die unbestrittene Marktführerschaft in der Online-Werbung erlangt. Traditionelle Printmedienprodukte wie Zeitungen, wo gebündelte, von teu-ren Redaktionen erstellte Informationsprodukte zu fest bestimmten Zeitpunkten den Konsu-menten präsentiert werden, stehen in Konkurrenz zu Online-Angeboten, wo die Leute vor al-lem nach dem Konzept "Suchen und Finden" Informationen konsumieren. Die Printverleger sind deshalb gezwungen, ihre teure Produktion der Informationsangebote auch im Internet an-zubieten. Der Printverleger ist auch Online-Diensteanbieter.

 

Der "Suchen und Finden"- Ansatz eröffnet in der heutigen PC-, Handy- und Tablet-Welt ein gewaltiges kontextsensitives Werbepotential. Dieses wird bis jetzt vor allem von Google er-schlossen. Die Printverleger haben diese Entwicklung weitgehend verschlafen und verlieren seit Jahren Anzeigenumsätze an Google. Gerade die regionalen Printverlage wären ja längst in der Lage gewesen mit dem Aufbau einer Datenbasis über alle Unternehmen und deren Angebote in ihrer Region die Grundlage für kontextsensitive Werbung und für eine regionale Internet-Plattform hoher Nutzung zu schaffen.

 

Fazit: Das von den Verlegern geforderte Leistungsschutzrecht ist ein untaugliches Mittel zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Es gibt bessere Alternativen, um Google die Stirn zu bieten oder mit Google zu kooperieren.

 

Jürg Dangel, Küsnacht